Versuchen Sie es mal als Kunde! Fassen Sie sich ein Herz,
gehen Sie zu einem Verkäufer, einer Verkäuferin und stellen Sie sich dem
Kundesein. Bejahen sie mit aller enthusiastischer Bedenkenlosigkeit, zu der Sie
fähig sind, diesen Satz: „Ich bin ein Kunde/eine Kundin.“ Sie werden sehen – es
funktioniert und Sie werden neugeboren als König oder Königin. Sie werden
eintreten und zuerst einmal werden Sie angenommen. So wie sie sind. Wenn sie
das Kundesein bejahen, dann wird man Sie bejahen. Man wird Sie anlächeln. Man wird
Ihnen die Hand geben, wenn sie das gewohnt sind und Ihre Hand in Richtung des Verkäufers,
der Verkäuferin gehoben haben und an dieser Hand zu dem Ort führen, an dem Sie
sich dem Kundesein ganz öffnen und hingeben können. Womöglich an einen Tisch.
Und dieses Führen wird in der Ihnen genau angemessen Geschwindigkeit und Dringlichkeit
vonstatten gegangen sein. Jegliches
Manko ihrerseits wird übersehen worden sein, und zwar geflissentlich. Flecken
auf der Kleidung, fransige Hosensäume, Fadenscheingkeiten aller Art, Kratzer, Schuppen,
Flechten, abgeknabberte Fingernägel, ungesunde Rötungungen der Augen,
Fettleibigkeit – das alles spielt jetzt keine Rolle mehr. Der Verkäufer, die
Verkäuferin wird das niemals zwischen Sie und sich bringen wollen. Auch Gerüche
spielen jetzt keine Rolle mehr. Sie werden da vielleicht erst durch den nicht
eine Spur zu abweisenden oder einladenden und doch intensiven Odeur Ihres Gegenüber
zu einer olfaktorischen Frage gekommen sein – egal. Auch Mundgeruch – kein Problem. Man wird
ihnen ein Glas Wasser anbieten, Sie anschauen – Sie anschauen!- und…
Nach Ihren Wünschen gefragt, verblassen Sie innerlich ein
wenig, Ihr Herz, ein zartes, immer gefährdetes Vögelchen mag auf seinem
Zweigelein schwanken, eine geringfügige Transpiranz oder ein feines Beben der
Stimme mögen Sie vom Öffnen des Sesams Ihrer Wünsche abhalten wollen - Sie gehen unaufhaltsam der Erfüllung entgegen und sprechen Ihren Wunsch aus.
Den inneren Kritikern, die sich nun mit durch diesen schmalen Lichtspalt
ihrer persönlichen Paradiespforte zwingen wollen, die Sie womöglich aufhalten und zur
Umkehr bewegen wollen, wird man in Ruhe noch einmal alles erklären. Man wird
Ihnen Rabatte gewähren. Man wird ihnen so lange Knochen, Nebelkerzen,
Beruhigungsmittel hinwerfen, bis sie satt, verwirrt und betäubt zusammenbrechen
und einschlafen. Endlich schlafen. Sie selbst können ihr sogenanntes Gewissen,
oder den Teil davon, der sie für unwert hält, sich jetzt und hier genau dieses
zu kaufen, durch die Vorstellung entlasten, dass morgen schon, vielleicht sogar
heute Nachmittag Ihr Verkäufer/ Ihre Verkäuferin auf der anderen Seite des
Tisches, des Tresens, der Kasse sitz/steht und kauft, Kunde ist, so wie Sie in
diesem Augenblick. Möchten Sie ihn oder sie darum betrügen, indem Sie jetzt
schwanken, nörgeln und - Gott bewahre! – einen Kauf ausschlagen?
Sie nehmen es. Natürlich wissen Sie, dass
Sie hier nichts geschenkt kriegen und Sie wissen auch, dass es darauf nicht im
Mindesten ankommt. Sie kennen die Großzügikeit der Bedürftigen, so wie Sie die
Bedürftigkeit der Großzügigen kennen und Sie gehen jetzt da durch – durch dieses
Nadelöhr, in dem Geben und Nehmen eins geworden sind. Seien sie tapfer und
stoßen Sie das Schwert Ihrer Kreditkarte bis zum Heft in den Rachen des Lesegeräts
und jetzt raus hier.
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