Dienstag, 6. Januar 2015

Wetterbericht

ein Plagiat der Erzählung "Schneien" von Robert Walser



Ein Regen, der ausnahmslos alles beregnet, in alles hineinregnet, ein Regen der entgegen seiner Bestimmung sämtliche Richtung verloren hat, vom Himmel aufgegeben himmelan nieselt, von unten in die Hosen hinein sprüht, weht und stiebt, überallhin, eine Regen, aus dem man sich augenblicklich unter den Kronleuchter einer großen Hotellobby wünscht. Die Stoffe hängen mürbe auf den gewässerten Leibern, alles Lederne zerquillt und zerfällt, alles Metallische rostet, die Steine zergehen wie Butter, die Luft ist zum Trinken, zum Kauen dick von Wasser, gar ein Regen von innen nach außen wäre denkbar in diesen Zeiten des Nieselns.  
Im Laternenschein vor dem Fenster gewinnt das dann alles etwas Ansehnliches, Behagliches, etwas, was Erinnerungen wachruft, man hat die Gäste unter einem Schirm verabschiedet, man ihnen nachgesehen, bis der satte Verschlusston der Autotür eine vage Besorgnis zerstreute, man räumt nun die Gläser ab, deren sanftes Klirren die zurückgelassene Stille hörbar werden, gar anschwellen lässt, doch anstelle sich sinnend zurückzulehnen und still in dieses Verhallen und Verklingen hineinzuhorchen geht man über zu etwas anderem, etwas, das einem den Blick klärt, das einen aufrichtet und gänzlich strafft, das Kinn stark werden lässt und den Brustkorb weitet, mit einem Muskelspiel, wie jenem unter dem Brustfell eine schwarzblauen Stieres.  

2 Kommentare:

  1. Ja. Und dann gibt es noch die Welt ohne Regen, die findet im McDonalds statt, wo es kein Wetter gibt und erstrecht kein Regen. Und dazu gibt es eine kleine überhebliche Fassungslosigkeit darüber, dass Kindergeburtstage dort gefeiert werden und man Gast sein muss. Und da wünscht man sich Regen, der das alles weg regnet.

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  2. Ich lese es M. vor und frage sie, was damit gemeint sein könnte: das andere, dem man sich zuwendet. Sie legt das Kinn auf die Hand schaut in die Ferne und sagt: "Ich möchte um 21 Uhr duschen und danach gleich ins Bett. Wir müßten also bis dahin fertig sein mit dem Abendbrot."
    Ich bemerke, dass ihr Blick auf die Uhr gerichtet war, wundere mich kurz und danke Ihr schließlich für die Antwort.

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